Möchten Sie sich erinnern? Anfang der 80er. Man selbst sah noch gut aus, zumindest jung. Da gab es viel zu erleben: the years that punk broke (first time), JAMES veröffentlichten in England ihre erste EP ‘What’s The World?’, und in Deutschland übernahm Kohl fast zeitgleich die Schirmherrschaft über dieses und jenes. Liebe, Pop, Politik – alles hängt mit allem zusammen.
Ende der 90er. Punk bricht mal wieder aufs neue, JAMES veröffentlichen gerade eine ‘Best Of’ aus 16 Jahren Bandgeschichte, und mag sein, der Kanzler beweist Ende Herbst weniger Sitzfleisch als die britischen Sophistication-Popper. Denn zu dieser Zeit wird ein komplett neues JAMES-Album erscheinen. Wer will da mithalten? Zumal sich auf der ‘Best Of’-Edition just zwei Stücke befinden, die zum Material ebenjenes neuen Albums gehören, das Sänger Tim Booth sowieso großspurig mit dem Vermerk ‘the best ever’ bedenkt – und er kommt damit durch.
Was ist geschehen, und wie stur muß man sein? JAMES – und das wird speziell in der Retrospektive deutlich – haben eine Vorstellung, wie Musik geht. Der Wiedererkennungswert des catchy Chorus oder der smarten Melodielinie bleibt immer irgendwie gleich, ohne dabei langweilig-auf-Dauer zu meinen, vielmehr bezeugt sich in diesen stabilen Kleinigkeiten der Charakter der Band. Das kann man nicht planen, das ist Teil einer guten Sache. So ist das, und so wird’s immer sein: Synthie-Sounds, offensive Hooks und alles original britisch – schließlich kommt man aus Manchester. Auf der Insel sind sie eine Bank, richtig Starstatus, Super-Pop und mehr, in Deutschland dagegen wirkt ihre Reputation eher mager. Zwar sind Hits wie ‘Sit Down’ wohl irgendwie präsent, aber halt nur irgendwie. Vielleicht haben sie zu selten auf dem alten Kontinent gespielt, was sich, so ist zu hören, auch im Zuge der Neuveröffentlichungen kaum ändern dürfte. Das ist für die Ausgehtypen natürlich ein Reinfall, aber immerhin gibt es am Standort Ende der 90er den Pop-Konsens per Musikfernsehen. Mit Hilfe dieses Mediums kann es mittlerweile auch ohne live-dabei laufen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie relevant Pop aus England mal wieder oder weiterhin ist. Außerdem ‘haben wir BritPop mit erfunden’, konstatiert Tim Booth in einer unbescheidenen Direktheit. Stimmt sogar. Kennt man SUEDE, sollte man um JAMES wissen. Oder auch SIMPLE MINDS, OMD und dergleichen, all das findet sich in ihrem Rahmen wieder. Doch wer zahlt ihnen dafür genügend Tribut? Noch nicht genug, also wieder an den Start. Unzählige Krisen, Hits, Musiker-Ab- und Zugänge später wollen sie es erneut probieren. JAMES sind back, remember, ‘the best ever’. Keine Alte-Männer-Attitüde, sondern lediglich das, was sie schon immer meinten und konnten, auf den Punkt gebracht. Das Wissen um zwei Jahrzehnte Popgeschichte und die eigene Historie liefern dabei den Background. Die BritPop-Old-School ist aus dem Lehrerzimmer zurück und verteilt dicke Anoraks an diejenigen, die sich warm anziehen müssen. Dazu wenig Live-Präsenz, aber Funk und Fernsehen. Das reicht.