In der Geschichte der Pop-Musik gibt es immer wieder Acts, die eine ganz besondere Stellung bekleiden. Und hierzu zählt ohne Zweifel die britische Formation James, die sich im Laufe der vergangenen zwei Dekaden eine großartige Reputation erspielt hat.
Angefangen hatte alles 1983. Gerade hatten James ihre ersten Aufnahmen eingespielt, als sie von keinem Geringeren als Morrissey als “die beste Band der Welt” bezeichnet wurden – und folgerichtig mit den Smiths auf Tour gingen. Schon bald darauf hatte James Kult-Status erreicht und 1986 erschien schließlich das Debüt-Album “Stutter”, gefolgt von dem ’88er Follow-up “Strip Mine”, mit dem James endgültig ihren gitarrengetriebenen Sound und Frontman Tim als provokanten Songschreiber und äußerst gefühlvollen Sänger etablierten.
Nach diversen Unstimmigkeiten mit ihrem Label kamen James 1989 aus ihrem Deal raus – und waren danach beinah “mittellos”. “Nach sieben Jahren standen wir nun da, lebten auf Arbeitslosen-Level, und wurden im Radio auch nicht mehr gespielt”, erinnert sich Tim. Viele Bands hätten hier wahrscheinlich aufgegeben – doch James sind aus einem anderen Holz geschnitzt. Sie versuchten sich als menschliche Versuchskaninchen für medizinische Tests in einem örtlichen Krankenhaus – und von dem Geld, was sie dafür bekamen, produzierten sie das Livealbum “One Man Clapping” auf ihrem eigenen Label. Ihr damaliger Distributor jedoch befand das Material als “Musik für Minoritäten”, ohne kommerzielle Chancen – und schickte sie wieder fort.
Es folgten personelle Umbildungen innerhalb der Formation – Saul Davies, Mark Hunter (Keyboards) und David Baynton-Power (Drums) kamen hinzu – James nahmen ein weiteres Album auf und schließlich kam “Gold Mother” auf den Markt. Ein Album, das endlich den Durchbruch markieren sollte, auf den sie schon so lange gewartet hatten: 350.000 Exemplare konnten sie allein im UK verkaufen, und der Song “Sit Down” entwickelte sich zu einer der bemerkenswertesten Hymnen der ’90er – und James wurden – zusammen mit Bands wie den Stone Roses und den Happy Mondays – plötzlich als die “Retter” der Britischen Rock Szene gehandelt…
1992 folgte das überragende Album “Seven” und übernahm die #2-Position in den Charts. Ein Jahr später kam es dann zu der äußerst innovativen Zusammenarbeit mit dem legendären Brian Eno, der dann auch das nächste Album “Laid” produzierte – inklusive der fast experimentellen Auskopplung “Wah Wah”.
Mit “Laid” schafften James dann auch in den USA eine fetten Erfolg, wo das Album 600.000 Exemplare verkaufen konnte. Und das zu einer Zeit, in der andere britische Bands extreme Schwierigkeiten hatten, sich in dem “Grunge-fixierten” Markt durchzusetzen…
Dann, auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Laufbahn, kam es aber doch fast dazu, dass die Band auseinanderbrach. Denn eines Tages im Jahr 1995 beschloss Gitarrist Larry Gott – zusammen mit Tim und Bassist Jim Glennie längstes Bandmitglied – die Band zu verlassen. Auch Manager Martine wollte gehen und die Band hatte fette Steuerschulden auszugleichen. Von diesen Geschehnissen reichlich geschockt, nahmen sich James erstmal eine Auszeit – die sich dann allerdings auf drei Jahre ausdehnte und eigentlich schon wie das Ende aussah. Booth nahm zusammen mit Angelo Badalamenti ein Soloalbum auf, und eigentlich glaubte niemand mehr daran, jemals wieder etwas von James zu hören…
Doch es sollte sich erneut bewahrheiten, dass Pech und unglückliche Umstände die Band immer wieder zu neuen Bestleistungen treibt. So auch diesmal: Mit Adrian Oxaal wurde ein neuer Gitarrist gefunden und schließlich gaben James mit dem sehr melodischen Album “Whiplash” (1997) wieder ein Lebenszeichen von sich. Ein Lebenszeichen, das mit Gold ausgezeichnet wurde! Und der Band ihren größten Singlehit mit “She’s A Star” bescherte. Das dann 1998 veröffentlichte Album “Best Of James” war dann nur noch ein weiterer Beweis dafür, dass James definitiv zurück waren: “Best Of James” wurde das erste #1-Album der Band und wurde mit Doppel-Platin ausgezeichnet.
In erneuter und bewährter Zusammenarbeit mit Brian Eno (Roxy Music, Talking Heads, U2) als Producer entstand dann das Album “Millionaires”, ein weiteres künstlerisch-kreatives Highlight mit fantastischen Songs voller Licht und Schatten.
Jetzt endlich kommt das brandneue James-Album “Pleased To Meet You” – nach “Laid” und “Millionaires” das dritte Album, das unter den Fittichen von Brian Eno entstand. Und Songs wie beispielsweise das funkige “Space”, das fast hymnenhafte “English Beefcake”, die großartige erste UK-Single “Getting Away With It (All Messed Up)” oder aber das kühl-schöne “Alaskan Pipeline” zeigen allerfeinste Songwriting-Kultur mit Liebe zum Detail. Belegen, dass “Pleased To Meet You” ohne Zweifel das sowohl persönlichste als auch das beste James-Werk ist, das bisher erschienen ist. Der Sound ist zeitgemäß, trägt aber unmissverständlich die Handschrift der Band – aussagekräftig, aufregend, melodiös, mit leidenschaftlichen Vocals, kompakten Songs, treibenden Rhythmen, voller Melancholie, Freude, Ernsthaftigkeit und Optimismus. Und das alles filigran abgerundet durch die einzigartige, von Brian Eno erschaffene Atmosphäre.
Mit “Pleased To Meet You” belegen James einmal mehr das, was sie so besonders macht: Sie schreiben schlicht großartige Songs.